Stand der Märkte 2021

Jan-David Stärk
13 min readMar 1, 2021

Disclaimer: Dieser Artikel ist keine Anlageberatung oder Kauf-/Verkaufsempfehlung. Ich selbst halte Positionen in einigen der hier genannten Aktien bzw. Indizes.

Seit dem Corona-Crash im März 2020 ist der Vanguard FTSE All-World von 58 € auf 94 € in der Spitze gesprungen. Das ist ein Anstieg von über 60 %! Aktuell notiert er bei knappen 90 €.

Der S&P 500 ist von 2.200 Punkten auf 3.950 Punkten angestiegen. Das entspricht sogar fast 80 % Wachstum. Aktuell notiert er bei ca. 3.800 Punkten, was ein Anstieg von etwas über 70 % bedeutet.

Der NASDAQ-100 enthält die 100 größten Tech-Werte der USA. Hier ging es im Tiefpunkt vom Corona-März bei 6.800 Punkten los, um zügig bis zu knappen 13.900 Punkten zu steigen. Das sind fast 105 %! Aktuell notiert er bei 13.000 Punkten, das entspricht einem Anstieg von immerhin 91 % seit März letzten Jahres.

Der Aktienmarkt steigt wie verrückt seit vielen Jahren. Der Corona-Crash hat eine kurze Korrektur herbeigezaubert, die uns diese Wachstumszahlen beschert haben. Wenn man nur die Zahlen betrachtet: Klingt es verrückt! Ein breitgestreuter Index wie der NASDAQ-100 verdoppelt sich. Das sind natürlich nur theoretische Werte, die man erreichen kann, wenn man exakt im richtigen Moment gekauft hat. Für das Big-Picture ist es aber dennoch aussagekräftig.

Die letzte Woche war im Depot für die meisten ziemlich rot. Auch die Indizes haben gelitten. Und schon wieder wieder mal wie verrückt nach “Crash” und “Korrektur” gerufen. Diesmal untermauert mit Argumenten wie “Zinsen” und “Inflation”. Dazu hat der Aktien-Papst Warren Buffett und die Bill & Melinda Gates Stiftung haben Tech-Aktien wie die von APPLE verkauft und in andere Sektoren umgeschichtet. Ist an den Sorgen etwas dran? Ich wollte mir mein eigenes Bild schaffen und hab mal einige Kennzahlen herausgesucht. Kurzum: Irgendwann wird sicherlich eine größere Korrektur kommen. Wann? Keine Ahnung. Ich bleibe aber bullish.

Ich stelle direkt am Anfang mal eine gewagte These auf: Die Coronavirus-Pandemie ist für den Aktienmarkt nicht schlecht. Im Gegenteil. Und diese These wird von dem Aktienmarkt unterstützt:

Der S&P 500 seit Beginn der Coronavirus-Pandemie. Quelle: TradingView.

Es sieht auf den ersten Blick so aus, als korrelieren die Corona-Fallzahlen positiv mit dem S&P 500 seit März 2020. Diese Korrelation ist natürlich keine Kausalität, sondern eine Folge der vorhin aufgestellten These, dass die Corona-Pandemie irgendwie den Aktienmarkt fördert. Aber warum ist das so? Dafür müssen zwei Punkte betrachtet werden:

  1. Winners keep winning
  2. Die Zinspolitik

Winners keep winning

Anders als es gerne behauptet wird, repräsentiert der Aktienmarkt nicht den Stand einer Wirtschaft. Wie soll das auch gehen? Das familiengeführte Restaurant um die Ecke ist schließlich nicht an der Börse gelistet. Lediglich über Abhängigkeiten und viele Umwege repräsentiert der Aktienmarkt auch kleine Unternehmen.

Der Aktienmarkt repräsentiert große Unternehmen mit Zig-Millionen an Umsätzen und Gewinnen. Selbst ein “Small-Cap” Unternehmen macht Umsätze in Millionenhöhe. Der Aktienmarkt repräsentiert also nur einen Teil der Wirtschaft, nämlich die großen Unternehmen.

Das ist wichtig, denn große Unternehmen sind meistens Gewinner. Und Winners keep winning. Genauso wie die Reichen immer reicher werden und Usain Bolt noch immer als erster über die Ziellinie sprintet.

Die großen Unternehmen, die an der Börse gelistet sind, haben aktuell zwei Vorteile: (1) Cash und deutlich mehr Know-how, um sich auf die Corona-Situation einzustellen sowie (2) den Luxus, die kleinen Unternehmen, die durch Corona leiden, günstig aufkaufen zu können.

Große Unternehmen können aktuell den kleinen, potenziellen Konkurrenten einfach kaufen. Entweder weil sie so günstig zu haben sind, oder weil sie kurz vor der Pleite stehen. Schauen wir uns mal eine M&A Statistik an (M&A steht für Mergers and Acquisitions, also Fusionen und Übernahmen):

M&A in Nordamerika. Quelle: IMAA.

Insbesonders das Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 ist interessant: Die Anzahl an Transaktionen (also Fusionen bzw. Übernahmen) ist gestiegen, während der Wert der Transaktionen gesunken ist. Oder in anderen Worten: Mehr Unternehmensaufkäufe die weniger kosten. Winners keep winning by buying competition.

Es muss allerdings dazugesagt werden, dass diese Statistik mit größter Vorsicht genossen werden darf. Eine Unternehmensübernahme passiert nicht über Nacht. Solche Deals dauern Monate, teils Jahre. Es bleibt also abzuwarten, wie die 2021er Statistik aussieht. Trotzdem zeigt belegt sie die These.

Aber das ist noch nicht alles: In Deutschland müssen Insolvenzen von Firmen erst später gemeldet werden als bislang. Diese Regelung wurde aufgrund von Corona beschlossen. Das hat zur Folge, dass die Anzahl an Firmeninsolvenzen 2020 um 38 % gesunken ist. Das bedeutet, dass es möglicherweise noch eine Pleitewelle geben wird. Das betrifft (leider) vor allem kleinere Unternehmen. Und die können von den großen börsennotierten Unternehmen zum Spottpreis gekauft werden. Winners keep winning.

Die Zinspolitik

Die Zinsen sind so tief wie noch nie, teilweise sogar negativ. Das ist landläufig bekannt, aber zur Verdeutlichung ist hier ein Chart:

Der Leitzins in den USA und in der EU liegt bei knapp 0 %. Quelle: leitzinsen.info.

Zu den Zinsen brauche ich nicht viel sagen: Geringe Zinsen sorgen für mehr Investitionen, mehr Investitionen führen zu mehr Geld in der Wirtschaft, mehr Geld in der Wirtschaft führt zu mehr Geld bei den Menschen, das kurbelt dann auch die Wirtschaft an, … — you get it. Die einzige Sorge, die aktuell die Märkte diesbezüglich umtreibt ist die Frage, wann die Zinsen wieder steigen. Denn Zinsen nahe 0 sind nicht gut, zumindest nicht auf Dauer.

Die entscheidende Frage ist, wie gesagt: Wann werden die Zinsen angehoben? Vor allem die US-Zinsen, diktiert durch die FED, sind ausschlaggebend. Der Chef der FED, Jerome Powell, hat kürzlich vor dem US Senatssauschuss zugesichert, dass die Geldpolitik sich mindestens solange nicht ändern wird, bis wieder Vollbeschäftigung erreicht ist. Dazu gehören neben Anleihen- und Aktienkäufe eben auch die Zinspolitik. Mit anderen Worten: Wenn sich der Arbeitsmarkt nicht bessert, bleiben die Zinsen unten.

Die Frage ist also, wann sich der US-Arbeitsmarkt verbessern wird. Die jüngsten Arbeitsmarktzahlen vom Bureau of Labor Statistics (BLS) zeigen, dass bis dahin noch ca. 10 bis 15 Millionen Jobs fehlen:

US-Arbeitsmarktzahlen. Quelle: US BLS Current Employment Statistics Highlights Feb 2021.

Anmerkung: Die Zahlen sind saisonbereinigt und enthalten nur die nonfarm Arbeitsplätze, also nur aus Privatunternehmen und keine NGOs etc. Die sind für uns aktuell aber auch nicht relevant.

Interessant ist auch zu sehen, wo noch Nachholbedarf bei den Jobs gibt. Wenn wir wissen, wo noch viel aufholbedarf ist, kann abgeschätzt werden, wann die Zinsen wieder steigen dürften. Denn Mr. Powell plant so, dass die Zinsen steigen, wenn die Arbeitsmarktzahlen wieder besser aussehen.

US-Arbeitsmarktzahlen. Quelle: US BLS Current Employment Statistics Highlights Feb 2021.

Es ziegt sich, dass vor allem im Bereich Leisure and Hospitality (Freizeit und “Gastfreundschaft”, also Hotels, Restaurants und Co.) noch knappe 4 Millionen Jobs fehlen, die durch die Pandemie weggenommen wurden.

Addiert man alle Arbeitsplatzverluste von Februar bis April 2020 auf und subtrahiert davon die bis jetzt wieder geschaffenen Arbeitsplätze, gelangt man auf ca. 10 Millionen Jobs, die noch fehlen, um das Vor-Corona-Niveau zu erreichen.

Es zeigt sich also, das am Jobmarkt noch viel Luft nach oben ist. Insbesondere im Gastronomie- bzw. Freizeit-Bereich muss noch viel passieren. Es ist absehbar, dass es noch einige Monate, vermutlich sogar Jahre, dauert, bis diese Bereiche wieder normal funktionsfähig sind. Und selbst dann ist die Frage, ob nicht beispielsweise Geschäftsreisen dank der beschleunigten Digitalisierung wegfallen. Dann würde es noch länger dauern.

Im Ergebnis zeigt sich also, dass es noch einige Jahre dauern wird, bis sich die Zinspolitik der FED ändern wird.

Zwar wird es vermutlich noch dauern, bis sich die Zinspolitik ändert, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Aktienmärkte in einigen Jahren schlecht auf eine niedrige Arbeitslosenquote reagieren wird — eben aus Sorge, dass die FED dann die Zinsen anhebt. Ein Musterbeispiel dafür, dass die Börse sich nicht so verhält, wie man es erwarten würde!

Es gibt allerdings auch Punkte, die sich gegen diesen bullishen Outlook stellen:

  1. Inflation
  2. Corona-Mutationen
  3. Eine mögliche Überbewertung des Aktienmarktes

Die Inflation wird als einer der Hauptgründe für mögliche Probleme am Aktienmarkt genannt. Inflation ist die Entwertung von Geld. Das Geld wird weniger Wert. Oder anders gesagt: Früher konnte man sich für 0,5 € eine Kugel Eis kaufen, heutzutage kostet die Kugel schon mal 1 €. Mit dem Geld kannst du also weniger kaufen als früher. Das ist die Inflation.

Der bekannte Short-Seller, der die Überhitzung des US-Hausmarkts 2008 vorhergesagt hat, Micheal Burry, rät dazu, sich auf eine steigende Inflation vorzubereiten. Dazu gibt es auch einen lesenswerten Twitter-Thread, der allerdings von ihm mittlerweile gelöscht wurde.

Die grundlegende Überlegung von Investoren, die von einer zu stark steigenden Inflation ausgehen, ist folgende: Aktuell sparen die meisten Menschen ihr Geld und haben es auf der hohen Kante. Durch die Corona-Einschränkungen wird weniger Geld ausgegeben. Wenn die Wirtschaft / Gesellschaft post-Corona wieder öffnet, ist plötzlich sehr viel Geld in den Portemonnaies der Menschen. Also kann plötzlich viel Geld ausgegeben werden — was auch gemacht wird, denn Corona ist ja endlich vorbei. Die Nachfrage steigt plötzlich also stark an.

Was passiert, wenn die Nachfrage stark steigt, das Angebot aber nahezu unverändert bleibt? Das lässt sich einfach mit dem Blick auf den Angebot-Nachfrage-Graphen klären:

Entstehung des Gleichgewichtspreises. Quelle: Wikipedia.

Die Folge des Nachfragesprungs bei gleichem Angebot hat eine starke Preissteigerung zur Folge. Das wird auch Inflation genannt.

So ist beispielsweise davon auszugehen, dass Kreuzfahrten deutlich teurer werden. Viele Menschen möchten nach Corona endlich wieder eine Kreuzfahrt machen. Die Anzahl der Kreuzfahrtschiffe bleibt aber gleich. Man kann nicht mal so eben ein neues Schiff bauen. Also steigt der Preis.

Das ist ein Problem. Normalerweise soll die Inflation bei ca. 2 % bleiben. Die FED mit Mr. Powell hat schon bekannt gegeben, diese Regel etwas zu entschärfen und im Schnitt über mehrere Jahre bei ca. 2 % landen zu wollen. Kurzzeitig ist also eine höhere oder niedrigere Inflation möglich. Zur Info, so sieht die Inflationskurve im Laufe der Zeit aus:

Die Inflationsrate in den USA in den letzten 25 Jahren. Quelle: TradingEconomics.

Grundsätzlich ist an einer höheren Inflation problematisch, dass sich die Menschen weniger leisten können bzw. mehr Geld für den gleichen Konsum ausgeben müssen, wodurch vor allem die unteren Einkommen unter Druck gesetzt werden.

Das 1x1 der Notenbanken sehen in diesen Fällen von einer steigenden Inflation vor, die Zinsen zu erhöhen. Der Grund ist simpel: Wenn die Zinsen erhöht werden, wird sich weniger Geld geliehen (weil es teurer wird), was zu weniger Konsum führt, was dann die Inflation wieder senkt. Zudem geben dann weniger Menschen ihr Erspartes aus, weil sie jetzt auf einmal wieder gute Zinsen auf ihr Geld bekommen. Das hat den gleichen Effekt: Es wird weniger Geld ausgegeben, was die Zinsen senkt.

Und da schließt sich der Kreis: Die FED möchte nicht die Zinsen erhöhen (um den Arbeitsmarkt zu verbessern) und die Aktienmärkte “brauchen” die niedrigen Zinsen. Die FED müsste aber die Zinsen erhöhen, um die Inflation zu senken.

Was also machen? Die Inflation steigt, die Zinsen dürfen aber auch nicht erhöht werden. Und genau vor diesem Problem haben aktuell viele (institutionelle) Anleger Angst. Werden doch die Zinsen kurzfristig erhöht? Oder steigen die Preise in dramatische Höhen? Niemand weiß es.

Ich habe für dieses Problem auch keine Lösung. Ich bezweifel aber eine der zugrunde liegenden Annahmen: Die Inflation. Ich denke nicht, dass die Inflation sprunghaft ansteigen wird. Das würde nämlich voraussetzen, dass plötzlich, auf einen Schlag sozusagen, alle Menschen wieder ihr ganz normales pre-Corona-Leben leben dürfen und können.

Ich denke eher, dass nach und nach die Menschen wieder anfangen, ihr Geld auszugeben. Erst die, die schon geimpft sind. Und es werden nicht innerhalb weniger Monate alle Menschen geimpft sein. Das dauert länger.

Dazu muss auch noch betrachtet werden, wo die Preise ansteigen könnten. Und das sind vermutlich eher Luxus-Ausgaben wie Urlaube und Partys. Eben all das, was man aktuell nicht machen sollte. Warum sollte beispielsweise der Preis von Brot und Fleisch steigen? Nur, weil geimpfte Menschen wieder irgendwann ihr normales Leben leben können, wir nicht mehr von diesen grundlegenden Dingen konsumiert. Nein, das gesparte Geld wird eher für Luxus-Ausgaben verwendet (man denke an die bereits benannte Kreuzfahrt). Und wenn dort der Preis kurzzeitig erhöht wird, ist das zwar schade für die Konsumenten, aber nicht schlimm. Für die Wirtschaft. Problematisch wird es erst dann, wenn grundlegende Dinge wie Nahrungsmittel, (soziale) Absicherung, … sprunghaft deutlich teuerer wird.

Deswegen gehe ich nicht davon aus, dass eine erhöhte Inflation zu einem Problem wird.

Gerne wird an dieser Stelle eingeworfen, dass der kommende US-Stimulus-Scheck sehr viel Geld auf den Markt wirft, das die Inflation drastisch erhöht.

Davon gehe ich nicht aus. Einerseits wegen der oben genannten Gründe (Ausgaben für Luxus) und auch, weil viel Geld dieser Schecks für die Begleichung der Schulden benutzt wird. Viele Menschen in den USA sind durch eine Kreditkarte o. ä. verschuldet. Anders als in Deutschland sind dort Schulden “normaler” und “akzeptierter” als hier.

Wenn man die Entwicklung des Consumer Credits (also Konsum-Schulden, keine Schulden auf ein nicht-abbezahltes Haus o. ä.) anschaut, gibt sich ein interessantes Bild:

US Consumer Credit. Quelle: FED.

2020 sind die Konsum-Schulden deutlich weniger stark gestiegen als in den Jahren davor. Und das obwohl viele Menschen zu Hause im Online-Shopping hängen. Wie passt das zusammen?

Eine mögliche Erklärung kann der erste US-Stimulus-Scheck 2020 gewesen sein. Der wurde hauptsächlich bis Ende Q2 2020 verteilt. Und man sieht in der Grafik oben, wie bis dahin die Schulden weniger wurden. Der Scheck wurde also genutzt, um Schulden zurückzuzahlen.

Das ist interessant, weil ich vermute, dass Selbiges mit dem kommenden Stimulus-Scheck passieren wird. Er wird die Inflation nicht nach oben treiben, wenn Schulden zurückgezahlt werden. Denn die Nachfrage nach einem Produkt wurde bei Schulden ja schon in der Vergangenheit gemacht. Die Nachfrage steigt also nicht, die Kosten werden nur gezahlt. Und etwas bereits Verkonsumiertes kann die Inflation nicht nach oben treiben.

Ich gehe insgesamt also nicht davon aus, dass eine steigende Inflation zu einem großen Problem werden wird.

Die Menschheit hat mittlerweile viel über das Coronavirus gelernt und weiß damit umzugehen. Oder?

Da bin ich mir leider nicht so sicher. Wir sehen aktuell (Stand Ende Februar 2021) sinkende Corona-Fallzahlen. Verborgen in den sinkenden Zahlen entwickeln sich allerdings Mutationen rasant:

  • die Mutation aus GB namens B.1.1.7
  • die südafrikanische Variante B.1.351
  • die brasilianische Variante P.1

Ich werfe die Begriffe Virus, Mutation und Variante durcheinander. Das sei hoffentlich verziehen, es geht um die Idee dahinter.

Während überall angefangen wird, Lockerungen zu beschließen, breiten diese Mutationen sich aus. Ich vermute, dass die Mutationen spätestens Ende März oder Mitte April für die dritte Welle gesorgt haben werden.

The good: Die gute Nachricht ist, dass die Wirtschaft das weiß und es kein Schock sein wird, wenn die Lockdowns weltweit in die nächsten Runden gehen werden/sollten. Die Aktienmärkte dürfte das also nicht überraschen.

The bad: Möglicherweise müssen die Lockdowns noch härter stattfinden, weil die Mutationen aggressiver in der Ausbreitung sind.

The ugly: Die Märkte antizipieren, dass die Impfung hoffentlich in den nächsten Jahren zumindest in den entwickelten Ländern durch sein wird. Bis dahin kann es allerdings noch immer passieren, dass eine Mutation auftritt, die gegen alle Impfstoffe immun ist. Und dann geht alles wieder von vorne los. Das könnte die Märkte hart treffen.

Weil die Menschheit nun aber mit dem Impfen vorankommt und in Zukunft hoffentlich auch schneller (mRNA-)Impfstoffe entwickeln kann, denke ich, dass die Mutationen uns noch treffen werden, aber kein unüberwindbares Problem für die Aktienmärkte darstellen werden.

Das letzte Problem für die Aktienmärkte könnte eine Überbewertung sein. Zum Glück gibt es dafür viele Kennzahlen, die die Märkte einordnen können. Für einen Gesamtüberblick nutze ich gerne den Buffet-Indikator, der das GDP (BIP) dem Market Cap eines Landes gegenüber stellt:

GDP im Verhältnis zur gesamten Aktienmarktkapitalisierung. Quelle: Current Market Valuation.

Es ist erkennbar, dass dieser Indikator anzeigt, dass der Aktienmarkt aktuell sehr teuer ist. Es bietet sich sofort ein Vergleich mit 2000 an, der allerdings hinkt. Im Crash 2000 bzw. 2001 haben die damals neuen Unternehmen keine Umsätze oder Gewinne gemacht und waren zu hoch bewertet. Heute machen die meisten Unternehmen an der Börse gute Gewinne oder zumindest schon hohe Umsätze. Zudem wird der aktuelle Bullenmarkt durch ein Mangel an Alternativen befeuert. Deswegen halte ich die Bewertung zwar für hoch, aber nicht für überbewertet oder überhitzt.

Betrachtet man das KGV (P/E) für den S&P 500 zeigt sich folgendes Bild:

Das S&P 500 KGV steht aktuell bei knapp 40. Quelle: multpl.com.

Während das durchschnittliche KGV über den gesamten Zeitraum bei ca. 16 liegt, hat es mittlerweile knapp 40 erreicht. Das ist, verglichen mit dem historischen Zeitverlauf, schon sehr teuer. Man kann erkennen, dass ab 2019 bzw. 2020 das KGV sprunghaft angestiegen ist. Das lässt sich durch eine deutlich höhere Geldmenge am Markt erklären. Vorher lag es bei ca. 23. Deswegen gehe ich davon aus, dass das hohe KGV noch kein Problem ist, weil es “um die Geldmenge bereinigt” deutlich niedriger war. Trotzdem ist ein so hohes KGV als Einstiegskurs natürlich nicht schön.

Das Problem bei der Betrachtung solcher Charts und Kennzahlen ist immer, dass sie sehr schwierig einzuordnen ist. Ist ein KGV von 40 viel? Ja, vermutlich. Aber in der aktuellen Situation? Vermutlich auch, aber nicht so extrem. Wenn es Zinsen gäbe, wäre weniger Geld im Markt und das KGV geringer. Vielleicht ist das hohe KGV also nur ein Effekt von der massiven Geldschwemme und kein Anzeichen einer Überbewertung.

Dazu kommt, dass das KGV zwar eine zentrale Kennzahl ist, aber der Umsatz noch mindestens genauso wichtig ist. Viele Unternehmen opfern heutige Gewinne für mehr Umsatz, um größere Marktanteile zu erlangen, um dann später mehr Gewinn zu machen. Das ist ein Grund, warum das KGV schwierig zu interpretieren ist.

Man könnte an dieser Stelle noch weitere Kennzahlen betrachten. Ich halte das aber nicht für zielführend, weil bekannte Kennzahlen längst eingepreist sind. Deswegen gehe ich davon aus, dass die Märkte zwar hoch bewertet sind, aber nicht überbewertet.

Im Ergebnis schätze ich die Märkte so ein, dass zwar irgendwann eine Korrektur kommen wird, ich aber für die nächsten Jahre bullish bleibe. Ich sehe mögliche Inflationsgefahren nicht so kritisch wie manch anderer. Natürlich kann ich mich aber auch irren (was ich nicht hoffe) und an den Märkten kommt es meist ganz anders, als man es erwartet. Ich bleibe (vorerst) aber bullish.

--

--